Mit aktuellem Urteil vom 28.06.2017 (IV ZR 440/14) hat der Bundesgerichtshof erstmals einen Anspruch des Versicherungsnehmers auf Schadensersatz wegen unterlassener Informationen bei Vertragsschluss bejaht. In allen Versicherungssparten ist der Versicherer nach § 7  VVG verpflichtet, den Versicherungsnehmer rechtzeitig vor Abgabe seiner Vertragserklärung die Vertragsbestimmungen einschließlich der Allgemeinen Versicherungsbedingungen und der Informationen in der VVG-InfoV mitzuteilen. Die unterlassene Information oder Übergabe der Unterlagen vor Abgabe der Vertragserklärung führt zu einem Anspruch auf Rückabwicklung des Versicherungsvertrages, selbst wenn der Widerruf aufgrund Fristablaufs nicht mehr erklärt werden kann. In vielen Fällen haben die Versicherer den Versicherungsnehmer eine Verzichtserklärung vorgelegt, da das Gesetz einen Verzicht des Versicherungsnehmers auf die rechtzeitige Übergabe der Unterlagen ermöglicht. Der BGH hat in seinem Urteil auch die Frage der Wirksamkeit des Verzichts entschieden und ausgeführt, dass hohe Anforderungen an einen wirksamen Verzicht zu stellen sind. Dem Versicherungsnehmer muss durch die Verzichtserklärung klar vor Augen geführt werden, auf welche Rechte er verzichtet (sog. Warnfunktion). Genügt die Verzichtserklärung ihrer Warnfunktion nicht, ist sie unwirksam mit der Folge, dass der Versicherer seiner Informationspflicht schuldhaft nicht nachgekommen ist. Auch in diesem Fall des unwirksamen Verzichts besteht ein Anspruch des Versicherungsnehmers gegen den Versicherer auf Schadenersatz und Rückabwicklung.

Das Urteil ist brisant und dürfte weitreichende Folgen nach sich ziehen. Hat der Versicherer dem Versicherungsnehmer bei Antragstellung keine Unterlagen zur Verfügung gestellt und darüber hinaus auch keinen wirksamen Verzicht eingeholt, kann der Vertrag bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen aufgehoben werden, ohne dass es darauf ankommt, ob und inwieweit ein Widerrufsrecht noch besteht. In den von uns betreuten Fällen zeigt sich in schöner Regelmäßigkeit, dass die Versicherer die Informationen nicht erteilt haben und die Verzichtserklärungen undeutlich bzw. unwirksam sind.